Wie ein Ratgeber zur Kindserziehung zur stillen Waffe der NS-Ideologie wurde
Kiel – Zwei Bücher, ein Titel, aber eine ideologische Welt dazwischen: „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer war eines der meistverbreiteten Erziehungsbücher im Nationalsozialismus. Der Titel, erstmals 1934 veröffentlicht, wurde zum staatlich geförderten Standardwerk in Mütterschulungen des NS-Regimes. Die nationalsozialistische Botschaft war klar: Kinder sollten zu gefügigen, gehorsamen und emotional kontrollierten Mitgliedern der Volksgemeinschaft geformt werden – mit Erziehungsprinzipien, die Nähe und Mitgefühl bewusst unterbanden.
Von der Muttermilch zur Ideologie – ein Bestseller mit dunkler Vergangenheit
Johanna Haarer, Fachärztin ohne pädagogische Ausbildung, vermittelte eine als wissenschaftlich verkaufte, aber autoritäre Anleitung zur frühkindlichen Erziehung. Ihr Buch wurde über 690.000-mal bis Kriegsende verbreitet, viele Auflagen folgten bis in die 1980er Jahre, sogar in überarbeiteter Form mit dem entschärften Titel „Die Mutter und ihr erstes Kind“. Dabei blieb der Kern unverändert: Distanz, Disziplin und Kontrolle galten als Schlüssel zum „richtigen“ Kind. Der emotionale Rückzug wurde propagiert, um starke, systemtreue Menschen zu formen – mit dramatischen Langzeitfolgen. Bindungsstörungen, emotionale Unsicherheit und generationsübergreifende Traumata waren das Ergebnis einer „Schwarzen Pädagogik“, die von einem autoritären Staat gezielt verbreitet wurde.
Noch Jahrzehnte nach dem Krieg fanden Haarers Ratschläge Eingang in Erziehungsratgeber, ohne dass ihr ideologischer Ursprung klar benannt wurde. Erst mit der historischen Aufarbeitung durch Forschende wie Sigrid Chamberlain wurde das Ausmaß des Missbrauchs von scheinbar neutraler Fachliteratur als Propagandainstrument sichtbar. Das Buch wurde so nicht nur zum Spiegel seiner Zeit, sondern zum Beweis, wie tief sich politische Ideologie in den Alltag und das Familienleben einschleichen kann.





Aus psychologischer Sicht dürfte kaum ein Buch mehr Schaden angerichtet haben als dieses. Umso erschreckender, dass es bis in die 1980er Jahre weiter aufgelegt wurde. Bücher haben ein langes Leben- und wer die hier vertretenen Thesen anwendet, züchtet emotional verarmte Menschen.
Wer sein Kind dauernd in die Schranken weist, produziert ein beschränktes Kind. Schranken, Grenzen und Mauern reichen viel tiefer als manch eine(r) denkt. Kanalisierte Kinder verhalten sich wie Flüsse; jedes emotionale Hochwasser führt zur Überschwemmung- und das setzt sich im Erwachsenenleben fort.
Das emotionale Rüstzeug des Menschen stammt noch aus der Zeit der Affenhorde auf dem Baum- und da gilt: Bis zum Alter von 3 Jahren braucht das Kind drei Dinge: Mama, Mama und Mama. Zuwendung ist die Münze die zählt. Zurückweisung ist fast das Schlimmste, was man einem Kind antun kann. Die Welt braucht human orientierte Menschen. Die wählen dann auch keine Nazis.