
Hamburg, 08.06.2025 Die NDR-Legende Carlo von Tiedemann ist am Pfingstsonntag im Alter von 81 Jahren in Hamburg verstorben. Mit seinem charakteristischen Schnauzbart, seiner herzlichen, nordisch-derben Art und seinem unerschöpflichen Sprachfluss prägte er über Jahrzehnte das deutsche Fernsehen und Radio. Sein Tod wurde von seiner Ehefrau Julia bestätigt: „Carlo ist heute um 14.30 Uhr von uns gegangen. Es war zum Schluss eine große Erlösung für ihn“, sagte sie der BILD-Zeitung.
Herkunft und journalistische Anfänge
Carlo stammte aus dem preußischen Adelsgeschlecht der von Tiedemann und war entfernter Verwandter Heinrich von Kleist. Seine Ausbildung führte ihn zunächst in den Axel-Springer-Verlag, später zum Volontariat bei der „Cuxhavener Allgemeinen“. Er arbeitete als Polizeireporter beim „Hamburger Abendblatt“ und war mehrere Jahre Korrespondent in Buenos Aires für den Springer-Auslandsdienst.
Fernseh- und Radio-Kult beim NDR
1971 begann seine beispiellose Karriere beim NDR. Berühmt wurde er durch Formate wie „Die aktuelle Schaubude“ (1977–1988, 1997–2004), „Show & Co. mit Carlo“, „Lachen macht Spaß“, „Große Hafenrundfahrt“, das ZDF-Kindershow „Große Show für kleine Leute“ (1984–1987), „DAS!“, „NDR-Talkshow“ oder NDR2-Sendungen wie „Der heiße Draht“. Als Stadionsprecher engagierte er sich ab 1991 für den HSV – ein weiteres Markenzeichen seiner norddeutschen Verbundenheit.
Seine Liebe zur Medienwelt führte ihn auch vor die Kamera kleiner Serienrollen, unter anderem im „Großstadtrevier“ oder bei Gastauftritten in „Tatort“ (1997). Carlo von Tiedemann blieb zeitlebens seinem Heimatstadtteil Bergedorf verbunden und war stolzes Ehrenmitglied beim ASV Bergedorf 85, wo er seine sportlichen Wurzeln hatte und dem Verein bis ins hohe Alter freundschaftlich verbunden blieb.
Gesundheitliche Herausforderungen
Schon in seiner Jugend überwältigte er die Kinderlähmung, später wurde er von zwei Hirntumoren geheilt. Seit 2021 litt er an Amyloidose, einer seltenen Herzkrankheit, begleitet von Lungenentzündung, Magenblutungen und einem Rückenschaden. 2023 erhielt er einen Herzschrittmacher, der 2024 entfernt werden musste. Er erlebte mehrere Klinikaufenthalte, Operationen und Reha-Phasen – ein lebensbedrohliches Auf und Ab, das er öffentlich als „Tod von der Schippe gesprungen“ bezeichnete.
Politische und gesellschaftliche Präsenz
Carlo war nicht nur Moderator, sondern auch engagierter Gastgeber bei Sendungen wie dem Podcast „Grauzone“ oder „Wie war die Woche, Alter?“. Er sprach offen über Spielsucht, Überschuldung sowie seinen eigenen Drogen- und Alkoholkonsum. Zivilgesellschaftlich zeigte er Präsenz bei Hospizarbeit, Sozialprojekten und Konzerten – vor allem in Hamburg und Umgebung.
Würdigung und Erbe
„Wenn auf einen Menschen die Bezeichnung ‘NDR-Urgestein’ zutrifft, dann ist es Carlo von Tiedemann“, verehrte NDR-Intendant Joachim Knuth in der Trauerbekundung. Sein bodenständiger Humor, seine Ehrlichkeit und seine Nähe zum Publikum machten ihn zu einem Mensch, den Generationen gern hörten und sahen. Carlo hinterlässt vier erwachsene Kinder aus verschiedenen Beziehungen, zuletzt eine Ehe mit Julia (seit 2012). Seine Stimme, sein nordischer Charme und sein unermüdliches Engagement bleiben unvergessen – als unnachahmliche Präsenz in den Medien Norddeutschlands und darüber hinaus.