Kritik an Ausschreibung: Warum Sonderlösungen für Unterkünfte in Harburg hinterfragt werden
Hamburg-Harburg, 14.05.2025 – Ein aktuelles Interessenbekundungsverfahren des Bezirksamts Harburg sorgt für Diskussion: Mit Fördermitteln in Höhe von 90.000 Euro sollen sogenannte „Kinderfreundliche Räume“ in zwei Wohnunterkünften geschaffen werden – in Lewenwerder und Am Radeland II. Das Projekt verfolgt das Ziel, Rückzugsorte für Kinder im Alter von 0 bis 13 Jahren zu bieten. Doch nicht alle begrüßen diesen Vorstoß.
Kritik am Prinzip der „Extrawurst“ für Wohnunterkünfte
Akteure aus dem Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie aus den Stadtteilgremien kritisieren die Schwerpunktsetzung. Der zentrale Vorwurf: Statt punktuelle Sonderlösungen für zwei Einrichtungen zu schaffen, sollten die begrenzten Mittel in ein breiter aufgestelltes, quartiersbezogenes Konzept investiert werden. Denn auch Kinder in anderen Wohnlagen leiden unter beengten Verhältnissen, fehlenden Spielräumen und mangelnden Bildungsangeboten.
„Warum soll es für Unterkünfte eine Extrawurst geben, während in den regulären Stadtteilen Angebote abgebaut werden oder auf lange Wartelisten stoßen?“ fragt ein Vertreter eines lokalen Jugendhilfeträgers. Zudem sei die enge Bindung an die Betreiberstruktur von Wohnunterkünften wie „fördern und wohnen“ aus fachlicher Sicht bedenklich, da sie sozialräumliche Netzwerke eher ausschließt als stärkt.
Kinderfreundlich, aber isoliert?
Der Ansatz des Projekts ist im Grundsatz positiv: Kinderschutz, psychosoziale Unterstützung, Beratung für Eltern – das alles sind wichtige Themen, die in den Fokus gerückt werden sollen. Die Ausschreibung sieht eine enge Verzahnung mit der Unterkunftsleitung, Kooperationsstrukturen sowie regelmäßige Evaluation vor. Doch ausgerechnet der Gedanke der „sozialräumlichen Integration“, auf den sich die Förderlinie stützt, scheint durch die exklusive Förderung zweier isolierter Räume konterkariert zu werden.
In den Stadtteilen fehlt es häufig an durchlässigen, inklusiven Angeboten für alle Kinder – unabhängig davon, ob sie in einer Unterkunft leben oder in einer engen Wohnung im Altbau. Viele Fachkräfte fordern daher, die Mittel sinnvoller in bestehende oder neue quartiersnahe Strukturen zu investieren, die allen zugutekommen.
Mehr Vernetzung statt Einzelmaßnahmen?
Die Kritik ist ein Weckruf, über integrierte Gesamtkonzepte nachzudenken. Stadtteilhäuser, Jugendtreffs, Spielhäuser und mobile Angebote bieten Ansätze, die niedrigschwellig, flexibel und nachhaltig arbeiten – mit offenen Zugängen für unterschiedlichste Zielgruppen. Auch sie bräuchten dringend mehr Ressourcen, Personal und Planungssicherheit.
Ein weiterer Aspekt: Die geplanten Kinderfreundlichen Räume sind auf zwei halbe Stellen und ein begrenztes Budget angelegt – ohne Garantie auf Verstetigung. „Für ein echtes Mehr an Kinderschutz und Entwicklungsmöglichkeiten brauchen wir langfristig gedachte, gut vernetzte und integrative Lösungen“, heißt es aus dem Kreis der Kritiker.