Neues Prüfungskonzept für ESA und MSA stärkt Praxisbezug und individuelle Stärken
Hamburg, 22.05.2025 – Ab dem Schuljahr 2025/26 modernisiert Hamburg die Prüfungen für den ersten und mittleren Schulabschluss an Stadtteilschulen. Die Reform der Ausbildungs- und Prüfungsordnung (APO GrundStGy) soll sicherstellen, dass Abschlüsse nicht nur leistungsgerecht, sondern auch zukunftsorientiert und anschlussfähig sind. Das neue Konzept fokussiert sich stärker auf Schlüsselkompetenzen und eröffnet neue Wahlmöglichkeiten, insbesondere durch praxisnahe Elemente.
Mündliche Prüfungen und Wahlfächer im Fokus
Künftig werden die zentralen schriftlichen Prüfungen für den ESA und den MSA auf die Fächer Deutsch und Mathematik beschränkt. Ergänzt werden sie durch mündliche Prüfungen mit Wahlmöglichkeiten: Beim ESA wählen die Schülerinnen und Schüler ein Prüfungsfach aus einem schulischen Angebot, das ihren Stärken entspricht. Beim MSA kommt verpflichtend das Fach Englisch als zweite mündliche Prüfung hinzu. Damit werden sowohl individuelle Interessen als auch die Anschlussfähigkeit an weiterführende Bildung oder Berufsausbildung berücksichtigt.
Praxisbezug beim erweiterten ESA gestärkt
Ein besonderes Merkmal der Reform betrifft den erweiterten ESA. Hier wird eine sogenannte betriebliche Lernaufgabe eingeführt, bei der Erfahrungen aus Praktika reflektiert und als Prüfungsleistung anerkannt werden. Ziel ist es, schulisches Lernen und berufliche Praxis enger zu verknüpfen. Auch wird ein flexibleres Prüfungssystem eingeführt: Schülerinnen und Schüler können künftig Inhalte aus dem Bereich Gesellschaft, Naturwissenschaft oder Berufliche Orientierung für ihre Prüfungen nutzen, was den Praxisbezug verstärkt und individuelle Profile fördert.
Neue Bewertungsmaßstäbe und Vergleichbarkeit
Die Prüfungsnote fließt künftig mit 20 Prozent in die Jahresnote ein. Damit wird nicht nur die Bedeutung kontinuierlicher Lernprozesse gestärkt, sondern auch die Prüfungen stärker in den Schulalltag integriert. Eine weitere Neuerung betrifft die Vergleichbarkeit der Abschlüsse: Für den erweiterten ESA gelten künftig die gleichen Regeln zum Notenausgleich wie beim MSA. Damit wird der Unterschied zwischen einfachem und erweitertem Abschluss transparenter.
Auch strukturelle Anpassungen werden vorgenommen. Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschulen, die in die gymnasiale Oberstufe übergehen, erhalten automatisch den MSA – auch ohne schriftliche Prüfung, sofern sie eine Versetzungsprognose haben. Bei Nichterfüllung dieser Prognose kann der Abschluss durch eine Nachprüfung erworben werden.
Zwischen Anspruch und Realität
So begrüßenswert ein stärkerer Praxisbezug auch sein mag, birgt er gleichzeitig die Gefahr, dass grundlegende fachliche Anforderungen zurückgestellt werden. Kritikerinnen und Kritiker sehen in der Reform auch den Versuch, durch weichere Prüfungsformate den Leistungsdruck zu senken, was langfristig die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Abschlüsse infrage stellen könnte. Entscheidend wird sein, ob die neuen Formate tatsächlich anspruchsvoll genug gestaltet werden, um Bildungsqualität und Chancengleichheit zu sichern.
Gemeinsame Entwicklung mit Praxispartnern
Die Reform ist das Ergebnis eines breit angelegten Dialogs mit Schulleitungen, Berufsschulen, Wirtschaftsvertretern und Ausbildungsbetrieben. Ziel war es, ein Prüfungsformat zu schaffen, das realitätsnah ist und die Kompetenzen der Jugendlichen sichtbar macht. Der Entwurf liegt nun den schulischen Gremien zur Stellungnahme vor. Während die Regelungen für ESA und MSA bereits ab 2025/26 greifen sollen, ist die Umsetzung der betrieblichen Lernaufgabe für den erweiterten ESA ab dem Schuljahr 2027/28 vorgesehen.