Drogerie Quast: Nach beinahe 70 Jahren ist eine Institution bald Geschichte
Neuenfelde. Früher war Neuenfelde ein bedeutender und wohlhabender Ort, mit vielen Selbstständigen wie Obstbauern, Handwerkern und Händlern. Claus-Carsten Quast betreibt in zweiter Generation die örtliche Drogerie, die früher ein Lagerschuppen für Meerrettich war. Die scharfe Gewürzpflanze brachte früher viel Geld ein, aber der Boom war vorbei, als immer weniger Bauern ihr Land für den Anbau hergaben. Das war die Gelegenheit für Klaus Quast, den Vater von Claus-Carsten, der in Blankenese inmitten von Drogerien lebte, aber bei Familienbesuchen in Neuenfelde feststellen musste, dass dort nicht eine Drogerie zu finden war. Es gelang ihm im Jahre 1954, den ehemaligen Lagerschuppen anzumieten. In den Wirtschaftswunderjahren der Nachkriegszeit bis zum Ende der 1960er Jahre liefen die Geschäfte hervorragend. Neuenfelde war in dieser Zeit ein florierender Ort am Rande einer Großstadt.
Das Geschäft bot eine Reihe von Dienstleistungen und Waren, die es bis in die Gegenwart geschafft haben. Etwa Tapeten und Teppiche oder das Mischen von Farben. Fotozubehör und Entwicklung von Filmen, Spielzeug und natürlich eine Reihe von typischen Drogerieprodukten, wie Seife, Wasch- und Reinigungsmittel, welche es schon damals zum Abfüllen in Kleinbehältern gab. Das boomende Geschäft schrie nach mehr Platz, weshalb Klaus Quast in Verkaufsverhandlungen mit dem Eigentümer des Gebäudes, Wilhelm Rademacher, eintrat. “Da musste mein Vater regelmäßig über fast ein ganzes Jahr erstmal zum Frühschoppen erscheinen, bis sich Rademacher zum Verkauf entschlossen hatte”, erinnert sich Quast. Schließlich gelang der Kauf und einer umfangreichen Erweiterung stand nichts im Wege.
Inzwischen war der 1956 geborene Claus-Carsten durch seine Brüder Sönke (1959) und Kai Uwe (1962) verstärkt worden. An die Schulzeit in der nur wenige hundert Meter entfernten Schule erinnert sich Quast noch heute gern. Während die Brüder später anderen beruflichen Perspektiven nachgingen, lernte Claus-Carsten in den Jahren 1973 bis 1976 den Beruf des Drogisten, um im Geschäft seiner Eltern mitzuarbeiten, das in seiner Hochzeit bis zu 7 Angestellte aufbot. Nachdem die Bundeswehr abgeschlossen war, durfte Claus-Carsten in den Reihen der Angestellten im Betrieb mitarbeiten. Der Prozess des Übergangs in die zweite Generation aber dauerte noch lange.
Einen persönlichen Schicksalsschlag erlitt die Familie des damals 25-jährigen Claus-Carsten 1982. Da hat sich seine Mutter das Leben genommen. “Damals wusste man von Depressionen noch nicht so viel wie heute. Ich habe meiner Mutter fast Vorwürfe gemacht und konnte überhaupt nicht verstehen, warum sie das machte. Aus meiner Sicht war zu dem Zeitpunkt alles richtig gut. Die schwierigen Aufbaujahre im Geschäft überstanden, man hätte sich der schönen Seite des Lebens widmen können”
Doch es gab auch viel Licht in all den Jahren. So hat Claus-Carsten mit seiner Frau Rosel vier Kinder. Nachdem der Nachwuchs in den 1990er Jahren aus dem Gröbsten raus war, half Rosel mit im Geschäft. „Schon mit 7 Jahren war ich in Rosel verliebt”, gesteht Claus-Carsten. Das hat bis in die Gegenwart gehalten, betont er. Jetzt ist Schluss mit dem Geschäft. Nach 69 Jahren wird die Drogerie Quast nur noch Geschichte sein, denn am 29. April öffnen die Quasts zum letzten Mal die Türen im Arp-Schnitger-Stieg 47, 21129 Hamburg. Die präsentierten Waren können bis dahin kostenlos in einem Umfeld bestaunt werden, das man sonst nur im Museum sieht. Im Ausverkauf gibt es großzügige Rabatte und die Möglichkeit, sich in einem Gästebuch zu verewigen. Damit die Familie auch später noch nachlesen kann, wie es sich zugetragen hat, anno 2023.










