Angriff auf den Rechtsstaat: Union fordert Einschränkung des Verbandsklagerechts
Berlin, 17.12.2024. Die Forderung der Union, das Verbandsklagerecht für Umweltverbände bei Infrastrukturprojekten zu streichen, sorgt für heftige Debatten. Der Vorschlag zielt darauf ab, die Genehmigungsverfahren für Bau- und Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Kritiker wie Lia Polotzek, Interimsgeschäftsführerin Politik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sehen darin jedoch einen Angriff auf grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats.
Kritik an der Union: Schutzinstrument in Gefahr
Polotzek betont die Bedeutung des Verbandsklagerechts als Kontrollinstrument. Dieses ermögliche es Umweltverbänden, auf Missstände in großen Projekten aufmerksam zu machen und Verstöße gegen umweltrechtliche Bestimmungen rechtlich überprüfen zu lassen. „Die wenigen Klagen von Umweltverbänden sind häufig erfolgreich und beheben gravierende Verstöße gegen die Rechtslage“, erklärt sie. Dies sei ein klarer Hinweis darauf, dass die Klagen gerechtfertigt seien und nicht, wie von der Union behauptet, übermäßig genutzt würden.
Die Interimsgeschäftsführerin kritisiert, dass die Union damit „den Rechtsstaat aushöhlen“ wolle. Ihrer Ansicht nach liegen die tatsächlichen Hindernisse für zügige Genehmigungsverfahren nicht bei den Umweltverbänden, sondern in strukturellen Problemen wie Personalmangel und Überlastung in den zuständigen Behörden.
Reformbedarf an anderer Stelle
Auch aus Expertensicht könnten Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung an anderer Stelle ansetzen. Fehlendes Fachpersonal, Änderungen der Planungen durch Vorhabenträger und ineffiziente Verwaltungsprozesse gelten als Hauptursachen für Verzögerungen bei Bauprojekten. Ein Angriff auf das Verbandsklagerecht sei daher der falsche Ansatz und würde lediglich die Kontrolle über umweltschädigende Projekte verringern, ohne die eigentlichen Probleme zu lösen.
Union verteidigt ihren Vorstoß
Die Union verteidigt ihre Forderung als notwendige Maßnahme, um dringend benötigte Infrastrukturprojekte schneller umsetzen zu können. Die ständige Klagebereitschaft von Umweltverbänden, so argumentieren Vertreter der Partei, sei ein erheblicher Hemmschuh für den Fortschritt in Deutschland. Sie plädieren dafür, den Handlungsspielraum von Organisationen in diesem Bereich einzuschränken, um Planungs- und Genehmigungszeiten zu reduzieren.
Gefahr für Umweltstandards?
Umweltorganisationen befürchten, dass eine Abschaffung oder Einschränkung des Verbandsklagerechts zu einem Abbau von Umweltstandards führen könnte. Große Infrastrukturprojekte wie Autobahnen, Flughäfen oder Industrieanlagen hätten erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, und das Klagerecht diene als Instrument, um diese Folgen kritisch zu prüfen und gegebenenfalls nachzubessern.
Die Forderung der Union ist nicht neu, hat aber in der aktuellen politischen Diskussion eine neue Dynamik gewonnen. Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel und den gleichzeitigen Druck, die Infrastruktur zu modernisieren, stehen sich wirtschaftliche Interessen und Umweltbelange in diesem Konflikt unversöhnlich gegenüber.