Kolumne von Frank Wiesner: Baustellen, Bus-Shuttle und ein bisschen Bewegung
Hamburg, 31.07.2025. Das Leben ist eine Baustelle – manchmal leider im ganz wörtlichen Sinn. Wer in diesen Tagen mit der Bahn unterwegs sein muss, braucht gute Nerven und ein aufgeladenes Smartphone, um sich durch Taktänderungen, Streckensperrungen und Ersatzverkehre zu navigieren.
Da wären zum Beispiel die Bauarbeiten an den Bahnbrücken rund um den Hauptbahnhof, die immerhin bald abgeschlossen sind. Doch kaum ist das eine Problem vom Tisch, gehen die nächsten Einschränkungen los: Sanierung der Gleise 3 und 4 im Hamburger Hauptbahnhof. Ergebnis? Taktlücken, ausfallende Linien, keine S5 zwischen Diebsteich und Elbgaustraße. Ein bisschen fühlt man sich wie in einer nie endenden Umleitung.
Noch heftiger trifft es die Verbindung Hamburg – Berlin: Acht Monate Komplettsperrung ab dem 1. August. Wer da noch regelmäßig pendelt, sollte jetzt schon ein Buch schreiben – über Geduld, Podcasts und den Charme brandenburgischer Umsteigebahnhöfe.
Und während der Bahnverkehr auf der Stelle tritt, expandiert immerhin der hvv-hop-Shuttle – elektrisch, flexibel, innovativ. Ab dem 4. August bedient er den gesamten Bezirk Harburg. Das ist erfreulich, aber nicht ohne Haken: weniger Fahrzeuge im Zentrum, verkürzte Fahrzeiten unter der Woche. Und: Wer kein Smartphone hat, bleibt außen vor. Eine Telefonnummer für Buchungen? Fehlanzeige. Digitalisierung darf kein Ausschlusskriterium sein – sonst bleibt Mobilität nur ein Versprechen.
Immerhin, es bewegt sich was. Auch auf zwei Rädern: Die AG Verkehr21 lädt zur Diskussion am 04.08. um 18 Uhr in die BurgerLounge (Am Zentrumshaus 2, 21073 Harburg). Hauptthema sind die anstehenden Bahnbauarbeiten u. a. zwischen Hamburg und Berlin und gleich mehrfach zur Radtour. Einmal um die Alster, einmal durch Harburgs Religionsgeschichte, einmal auf dem Jakobsweg. Bewegung gegen Stillstand – im wahrsten Sinne.
Die Radtouren starten immer um 11:00 Uhr vom Harburger Rathausplatz am:
Sonntag, 10.08., auf dem Jacobsweg nach Süden.
Sonntag, 14.09., einmal von Harburg rund um die Alster.
Sonntag, 12.10., Rundfahrt der Religionen.
Sonntag, 09.11., Ziele sind historische Schauplätze zum jüdischen Leben in Harburg.
Frank Wiesner




Was bin ich froh, inzwischen Rentner zu sein und nicht mehr an der allmorgend- und abendlichen Verkehrsstampede teilnehmen zu müssen. Die paar Tage, an denen ich für meinen Minijob zwischen Harburg und Jenfeld pendele, nehme ich mein selbst elektrifiziertes altes Reiserad. Alles auf bequem umgebaut- aufrechte Sitzhaltung und Holland-Sattel mit einer guten Handbreit Federweg unter’m Hintern- und den braucht man auch auf Hamburgs Radwegen!
Die erste Hälfte des Weges auf dem Radfernweg bis zu den Norderelbbrücken ist ein Genuss, danach wird’s unangenehmer. Umtost von Verkehrslärm und umwabert von Abgasen wird man schlückchenweise über Kreuzungen kommandiert, von allen Seiten torkeln Fußgänger auf den Radweg, der auch mal gerne so abrupt wie alternativlos im Nichts oder vor einer Baustelle endet.
Alle Welt redet von der Verkehrswende, vor der sich die Hamburger Politiker offenbar fürchten. Anders kann ich mir den schleppenden Fortschritt nicht erklären. Warum ist in Hamburg nicht möglich, was in Neukloster geht? Dort ist sogar die B73 auf Tempo 40 begrenzt- und es fährt sich deutlich entspannter als in der Metropole. Und mal ehrlich: wir können uns glücklich schätzen, wenn der Klimawandel nicht größere Unbill für uns bereithält, als 20% langsamer zu fahren. Zumal dann jedes 45-km/h-Vehikel ein brauchbares Stadtfahrzeug wäre, statt wie das gehetzte Reh unterwegs zu sein, und ohne durch waghalsige Überholmanöver mit einer Handbreit Abstand gefährdet zu werden. Die Politik muss das Heft des Handelns in die Hand nehmen, denn der Mensch mit dem Fuß auf dem Gaspedal seines übermotorisierten SUV wird es sicher nicht tun.