Überregional

Kranke Tiere mit Müllpicker aufgespießt: „Soko Tierschutz“ deckt skandalöse Zustände in der Hühnermast auf

Enthüllung schockierender Zustände in niedersächsischem Hühnermastbetrieb führt zu Strafanzeige und Forderungen nach Reform

Landkreis Emsland. Erschütternde Undercover-Aufnahmen aus einem Hühnermastbetrieb im niedersächsischen Landkreis Emsland haben brutale Missstände und Tierquälerei aufgedeckt. In dem Betrieb, der über 200.000 Hühner beherbergt, werden schwache, verletzte und kranke Tiere nicht isoliert und versorgt, sondern auf grausame Weise illegal getötet – oft unter qualvollen Bedingungen in einem selbstgebastelten Pike-Gerät.

Die schockierenden Aufnahmen zeigen auch grausame Vorgänge beim Verladen der Tiere. Arbeiter behandeln die Hühner rücksichtslos, indem sie sie werfen und gewaltsam in Transportkisten stopfen. Verletzte Tiere werden durch die Halle getreten, und Arbeiter scheinen sadistische Freude daran zu haben, sich inmitten der erschöpften Hühner zu drängen, deren Knochen aufgrund der intensiven Mast leicht brechen. Dieses gewalttätige Verhalten, einschließlich des Bewurfes mit lebenden Hühnern, wiederholt sich anscheinend regelmäßig.

Friedrich Mülln, Sprecher von SOKO-Tierschutz, kommentierte diese schrecklichen Zustände: „Hier sehen wir ein extremes Maß an Verrohung und die Folge ist brutale Tierquälerei. Das ist nur möglich, da das Ausstallen in Deutschland nicht überwacht wird und die Folgen wie Knochenbrüche zwar von Schlachthöfen statistisch erfasst werden, aber keine juristischen Folgen haben. So öffnet man solchen Sadisten, aber auch der systematischen Tierquälerei bei Selektion und Verladung Tür und Tor.“

Das Undercover-Video enthüllt am Ende ein makabres Leichenfeld in der gesamten Halle. Einige Tiere sind offensichtlich von Ausstallertrucks zerquetscht worden, während andere seit Tagen im Stall verrotten oder frischen Knochenbrüchen und inneren Verletzungen erlegen sind.

Der Sprecher von SOKO-Tierschutz fügte hinzu: „Was wir hier sehen, ist der ganz normale Alltag in einer Industrie, die keinerlei Rücksicht auf Lebewesen nimmt. Es verwundert nicht, dass hier solche Rohheit eskaliert. SOKO-Tierschutz hat in den letzten Jahren zahlreiche Austallungen bei Geflügelställen in der ganzen Republik dokumentiert. Wir sehen immer wieder Gewalt, Verrohung und zahlreiche Tierschutzverstöße. Der Staat sieht weg, da er insgeheim weiß, dass die Industriemast gar nicht anders geht und jeder Eingriff das System der Geflügel-Massentierhaltung gefährden würde.“

SOKO-Tierschutz hat Strafanzeige gegen die Verantwortlichen erstattet und das Beweismaterial den Behörden vor der Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Die Hühner in diesem Betrieb werden besonders für die Maximierung des Brustfleischs gemästet. Friedrich Mülln schloss mit dem Appell: „Da der Staat diese katastrophale Haltung zulässt und sie offenbar unkontrollierbar ist, sollte die Konsequenz sein, die tierquälerische Hühnerhaltung zu beenden. Es gibt sehr gute pflanzliche Alternativen in jedem Supermarkt, die einem Huhn diese Qual ersparen.“

Inzwischen hat sich die zuständige Behörde am Mittag erklärt. Nachdem der Landkreis Emsland die Filmmaterialien am 14. August erhalten hat, wurde der Betrieb am 16. August unangekündigt kontrolliert. Es wurden umfangreiche Ermittlungen zum Sachverhalt aufgenommen, erklärt die Sprecherin Anja Rohde im Auftrag. Diese Ermittlungen umfassen die fachliche Prüfung der tierschutzrechtlichen Vorwürfe sowie die Prüfung der Zuordnung des Filmmaterials zum in Rede stehenden Betrieb. Eine Abgabe des Vorgangs an die Staatsanwaltschaft Oldenburg ist in Vorbereitung, die dann federführend die weiteren Ermittlungen fortführen wird.

Ministerium stellt Strafanzeige wegen Tierschutzverstößen in Masthähnchenstall

Inzwischen hat auch das nierdersächsische Ministerium für Landwirtschaft Ernährung und Verbraucherschutz hat bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige wegen eines Verstoßes gegen § 17 Nr. 2 Tierschutzgesetz erstattet. „Es gibt immer wieder Hinweise darauf, dass es zu Verletzungen von Geflügel beim sogenannten Ausstallen kommt. Ein systemischer Grund für diese Verstöße liegt in den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das bedeutet oft fehlende Pausenzeiten und Akkordarbeit. Tierschutz ist unter solchem Zeitdruck kaum möglich.“, sagt die Ministerin. Diese nimmt den Vorfall zum Anlass, zusammen mit dem Sozialministerium die Arbeitsverhältnisse auf den Prüfstand zu stellen.

3 Kommentare

  1. Also: Jeder, der „billiges“ Fleisch aus Massentierhaltung kauft und konsumiert, macht sich mitsschuldig! Massentierhaltung muss auch aus Umweltgründen verboten werden!

    1. Das ist Unsinn, damit stellst du alle gleich.
      Das ist das gleiche, als wenn jemand behauptet alle weißen wären Rassisten.
      Fakt ist, es gibt keinen Beweis das alle Tierhaltungen so sind.
      Zudem sollte man bedenken, dass sich viele Menschen leider einfach kein teures leisten können, aus welchem Grund auch immer.
      Sie fördern nicht vorsätzlich, schlechte Haltungen, sondern haben schlichtweg keine andere Wahl und sind sogar in gewisser Hinsicht selber Opfer.

      1. Matt verallgemeinert, das ist richtig. Auf der anderen Seite muss man aber einfach festhalten, dass für die aktuell aufgerufenen Geflügelpreise in dem Haltungssegment die Haltung und alles drumherum extrem Industrialisiert werden muss. Darunter mangelt die Qualität (extrem schnelle Aufzucht; Medikamente müssen prophylaktisch verabreicht werden, da die Tiere die Mast sonst nicht durchhalten; Lohnkosten möglichst billig halten). Es sind sicherlich nicht 100% der Fälle so wie geschildert, aber es kommt durchaus öfter vor. Ich komme aus der Gegend um Cloppenburg. Auch dort gibt es viel Hühnermast. Solche Stories gibt es immer wieder zu hören.

        Der Punkt „Zudem sollte man bedenken, dass sich viele Menschen leider einfach kein teures leisten können, aus welchem Grund auch immer.“ wird immer wieder angeführt. Gibt es denn ein Anrecht auf Fleisch für jedermann? Fleisch ist kein Grundnahrungsmittel, auch wenn es sich durch billige Verarbeitung, mangelnde Qualität und ständige Verfügbarkeit mehr und mehr dahinentwickelt. Das ist der falsche Trend. Fleisch muss nicht immer verfügbar sein.

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