
Besuch aus Italien: Neugraben erinnert an das Schicksal italienischer Militärinternierter
Neugraben-Fischbek. Am Freitag besuchten der Präsident und die Geschäftsführerin der Nationalen Vereinigung der italienischen Militärinternierten (ANEI), Orlando Materassi und Silvia Pascale, den Gedenkstein am ehemaligen KZ-Außenlager Falkenberg in Neugraben. Trotz strömenden Regens wurden sie begleitet von geschichtspolitisch engagierten Bürger*innen und von Schüler*innen des Gymnasiums Süderelbe. Ebenfalls anwesend war neben anderen Bezirks- und Parteienvertreter*innen der Wahlkreiskandidat der Grünen Manuel Sarrazin (MdB). Er sagt: „Als Historiker bin ich besonders erschrocken darüber, wie wenig in Deutschland bekannt ist über das Schicksal der italienischen Militärinternierten. Ihr Leid wurde viel zu lange nicht gesehen und nicht anerkannt. Und es ist kaum zu ertragen, dass ihnen mit formalen Tricks sogar die bescheidene Zwangsarbeiter-Entschädigung vorenthalten wurde.“
1943, als Italien die „Hitler-Koalition“ verließ und die deutsche Wehrmacht weite Teile Italiens besetzte, wurden etwa 600.000 italienische Soldaten zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt, was viele von ihnen nicht überlebten. Auch im Außenlager des KZ Neuengamme in Neugraben waren Italiener unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesperrt und mussten trotz mangelhafter Ernährung und fehlender medizinischer Versorgung schwerste Arbeiten verrichten. Der Status als „Militärinternierte“ lieferte die Gefangenen der Willkür der Wehrmacht und der SS aus – der minimale Schutz, den die Bezeichnung „Kriegsgefangene“ bedeutet hätte, wurde ihnen verweigert.
Besonders perfide: Nach dem Krieg wurden die Überlebenden dann doch als Kriegsgefangene betrachtet – weil Deutschland sich so die Entschädigungen ersparte, die ihnen zugestanden hätten, wenn man sie (korrekterweise) als Zwangsarbeiter eingestuft hätte.
Die Schüler *innen erkundigten sich bei den ANEi-Repräsentanten unter anderem nach den Lebensbedingungen der Gefangenen, nach den Firmen, die von der Zwangsarbeit profitierten, und nach der verweigerten Entschädigung nach dem Krieg. Alle Redner*innen betonten, dass die Erinnerung an die Greuel des NS-Regimes wachgehalten werden müssen. Heiner Schultz von der „Initiative Gedenken in Harburg“ sprach anschaulich und bewegend über das Gedenken am Falkenbergsweg, das er seit 1985 entscheidend mitgeprägt hat.