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Bezirk HarburgUmwelt

Sorge um die Sicherheit hinter den Deichen

Neuenfelde. Am Mittwochnachmittag haben sich mehr als 100 Menschen am Estesperrwerk in Neuenfelde versammelt. Darunter viele ortsansässige Institutionen und Bürger, die sich anlässlich der Pläne des Hamburger Senats besorgt zeigen. Die kurz bevorstehende neunte Ausbaggerung der Fahrrinne und die geplante Öffnung der Alten Süderelbe bergen Hochwassergefahren für die Bewohner.

„Die Opfer der Sturmflut 1962 sind bei allen Menschen in Hamburg im kollektiven Gedächtnis verankert. In den letzten Jahrzehnten wurden seitens der Stadt Hamburg und privater Eigentümer große Anstrengungen für die Sicherung des Hochwasserschutzes unternommen. Mit der aktuellen Elbvertiefung werden diese langjährigen Bemühungen kurzfristig ausgehebelt: es entstehen große Risiken für Überschwemmungen.“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der mehr als 15 Unterzeichnenden.

Erste Deichlinie-Hochwasserschutz am Estesperrwerk 

„Die massive Verschlickung im Mühlenberger Loch bedroht die Funktion des Estesperrwerks.  Durch die laufenden Baggerarbeiten zur aktuellen Elbvertiefung und verstärkte Verklappung von Hafenschlick vor Neßsand lagern sich Schlickmassen an den Speerwerkstoren ab. Die Sohle des Sperrwerk hat eine Tiefe von -4m unter NN, das Fahrwasser des Este von ca. -2m unter NN und das Mühlenberger Loch hat inzwischen eine Höhe von 1,5 bis 2m über NN. Nach der ersten Havarie 2011 wurden die Tore überholt und mit Spülleitungen versehen. Trotzdem sind 2019 die Tore erneut verschlickt. In der Sturmflutzeit im November 2019 konnten die Tore zwei Wochen lang nicht vollständig betrieben werden. Es reicht nicht, nur den Sperrwerksbereich auf Tiefe zu halten, wenn in der Binneneste und im Mühlenberger Loch die Schlickberge immer höher werden. Die Verklappung von Hafensschlick vor Neßsand muss ausgesetzt werden. Die gesamte Fahrrinne der Este muss gespült und gebaggert werden, um die Tore des Estesperrwerks und damit Hochwasserschutz mit der ersten Deichlinie zu sichern.“, fordert Dr. Gudrun Schittek MdHB für den Arbeitskreis Cranz.

Ein geregeltes Sedimentmanagement scheint aktuell für Hamburg nicht mehr anders bewältigt werden zu können: Die Verhandlungen mit Schleswig-Holstein zur 6. Verlängerung der Verklappung von Hamburger Hafenschlick vor Tonne E3 bei Helgoland kommen anscheinend nicht voran. Die für März 2021 geplante Alternative, eine von der HPA als „Plan B“ bezeichnete Verklappung am Nationalpark Wattenmeer vor Scharhörn, wirkt angesichts der massiven Einwände des Bundes, des Landes Niedersachen und der Naturschutzverbände BUND, Nabu und WWF unrealistisch.

Um die aktuelle und 9. Elbvertiefung mit der Brechstange als „vermeintlich erfolgreich“ umsetzen zu können, verbleibt Hamburg für die Beseitigung des Hafenschlicks nur ein Notanker; die Verklappung des Hafenschlicks vor Neßsand – keine fünf Elbkilometer von unserer Haustür an der Estemündung entfernt. Und genau das bedeutet, dass diese Verklappung insbesondere auf Kosten des Hochwasserschutzes im Süden Hamburgs und der umliegenden niedersächsischen Gemeinden an der Este geht! 

In der Sturmflutsaison 2011 und erneut in 2019 konnten Fluttore zeitweise nicht geschlossen werden – 100.000 Menschen in Gefahr

Der Betrieb des Estesperrwerks wird damit erneut bedroht. Wir erinnern: Die Tore des Estesperrwerks sind erstmals 2011 durch Schlick Ablagerungen havariert und mussten aufwendig instandgesetzt werden. Regelmäßig, letztmalig im November 2019, konnten die Tore erneut durch Sedimentablagerungen zwei Wochen lang nicht vollständig geschlossen werden – und das erneut in der Sturmflutzeit! Über 100.000 Menschen, die in der zweiten und dritten Meile des Alten Lands, den Stadteilen Neugraben, Hausbruch und Neuwiedenthal und den niedersächsischen Gemeinden Jork und Buxtehude wohnen, sind von Hochwasser bedroht, wenn das Estesperrwerk bei Sturmflut versagt. Im Zuge der 9. Elbvertiefung wird aktuell nun noch mehr Schlick vor Neßsand/Tinsdal verklappt, das ist alarmierend!

Die Unterzeichnenden:
Dr. Gudrun Schittek MdHB und Günter Kölln, Arbeitskreis Cranz |Gerd Lefers, FWG Kreistag Stade, Deichrichter | Natallia Dean, Geschäftsführerin der Werft Pella Sietas GmbH | Habbo Stark, Este Projekt Service GmbH | Dirk Koepcke, Gerd Behr, Jörg Köpke, Hauptentwässerungsverband der Dritten Meile Altenlandes | Barthold Dehde, Schleusenverband Nincop | Andreas Kreft, Schleusenverband Liedenkummer | Dr. Manfred Brandt, Arbeitskreis Flutraum Denkmal | Patricia und Holger Maciolek, Interessengemeinschaft Alte Süderelbe |Michael Lemke und Uli Felgentreu, Stadtrat Buxtehude Grüne Fraktion | Arno Hagenah, IG Este und hagenah & hagenah shipping gmbh | Walter Rademacher, Regionales Bündnis gegen Elbvertiefung | Ernst-Otto Schuldt, Verein zum Schutz von Hamburgs Elbregion e.V. |
Manfred Hoffmann, Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz | Paula Klingemann, Bürgerinitiative Hamburg für die Elbe

Die Unterzeichnenden erwarten: 
Die erste Deichlinie muss ohne „Wenn und Aber“ jederzeit
sicher sein! Die Fortführung der Planungen zur Öffnung der Alten Süderelbe in einem Nachfolgeprozess des Forums Tideelbe sind einzustellen! Erhaltungsbaggerei in der Este nicht nur im Bereich der Tore des Sperrwerks! Erhalt der Wassertiefe für den Betrieb der Pella Sietas Werft und den Betrieb der Fähre „Cranz –Blankenese“! Kreislaufwirtschaft statt Kreislaufbaggerei – für ein nachhaltiges Sedimentmanagement mit nachhaltiger Verwertung des Hafen- und Esteschlicks z.B. im Deich- und Straßenbau!
Endlich einen konstruktiven Dialog mit den Menschen vor Ort!

Zunehmende Verschlickung trifft auch Pella Sietas ins Mark„Wir sind die ersten, die hier absaufen würden“

„Die Pella Sietas Werft in Hamburg-Neuenfelde ist die älteste Werft Deutschlands. Am Hamburger Standort arbeiten rund 360 fest angestellte sowie bis zu 800 auf Projektbasis beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die zunehmende Verschlickung der Hamburger Hafenbecken hat uns im vergangenen Jahr besonders hart getroffen. Mehrere Monate war unsere Werft nicht betriebsfähig, wichtige Aufträge konnten nicht fertiggestellt werden. Der exzellente Ruf der Hamburger Werften leidet zunehmend unter der weiterhin ungeklärten Schlickproblematik. Als uns Ende 2019 die Durchführung der Wasserinjektionen zur Schlickentfernung nach einem Ausfall des Estesperrwerks untersagt wurde, war es für Pella Sietas selbstverständlich, dem Hochwasserschutz allerhöchste Priorität einzuräumen. Um Ereignisse wie die Sturmflut im Jahr 1962 zu verhindern. Gleichzeitig war uns klar, dass wir schleunigst eine praktikable Alternative benötigen.“, sagt Werft-Chefin Natallia Dean.

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